In der gemeinsam von allen demokratischen Parteien beantragten Aktuellen Stunde im Gemeinderat am 11. März 2024 hat Norbert Bakenhus für die Ratsgruppe „Grün & Drei“ Stellung bezogen.
„Der nicht ganz unbekannte Wedemärker Musiker Heinz Rudolf Kunze hat mal ein Lied geschrieben. Es heißt „Madagaskar“. Der Text beginnt so:
Die haben das doch gar nicht gewolltDie wollten die doch alle exportierenDer andere Befehl kam doch ganz spätDie haben das doch gar nicht gewolltOkay, die spuckten immer große TöneWer glaubt schon alles, was geschrieben stehtDie könnten jetzt doch alle in Madagaskar sitzenSchön warm, und überhaupt auch viel mehr Platz.
Diesen „Madagaskar-Plan“ gab es tatsächlich 1940 – er beinhaltete die Deportation von Millionen Jüdinnen und Juden auf diese Insel vor der Küste Afrikas. Er wird immer wieder gerne von Menschen dafür benutzt, um die Schuld der Deutschen am Holocaust zu relativieren. Umsetzbar war er nicht, er sollte auch eher dazu dienen zu verschleiern, wie die Nazis sich die „Endlösung“ tatsächlich vorstellten.
Und heute? Heute finden Geheimtreffen von AfD-Politikern mit Identitären und anderen vom ganz rechten Rand statt, wo die massenhafte Deportation von Menschen diskutiert wird. Und natürlich wird verschleiert und beschönigt. Sie nennen das „Remigration“. Ich sage: Sie haben schon wieder einen Madagaskar-Plan.
Wer sich solchem menschenverachtenden Gedankengut entgegenstellt (oder einfach nur bestimmte Positionen bezieht), muss immer häufiger mit Anfeindungen rechnen. Auch in der Kommunalpolitik, auch in der Wedemark. Das reicht – gerade in sozialen Netzen – von bodenlosen Unterstellungen, unflätigen Beschimpfungen bis hin zu konkreten Bedrohungen. Da gibt es die Dauerempörten, die Pöbler, die Hetzer und die ewigen Nörgler. Das sind die Lauten. Aber:
Die Demokratie stirbt leise.Sie stirbt, wenn Bürgerinnen und Bürger nicht mehr das Gefühl haben, dass Politik sie mitnimmt, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Dann wenden sich Menschen ab. Sie ziehen sich trotzig zurück, gehen gar nicht zur Wahl oder geben denen ihre Stimme, die mit populistischen Parolen einfache Lösungen versprechen.
Aber Populisten haben keine Lösungen. Sie sind auch gar nicht an Lösungen interessiert. Robert Habeck hat das kürzlich so beschrieben: Populisten blasen Probleme künstlich so lange auf, bis sie so riesengroß wirken, dass es keine Lösung mehr zu geben scheint.Unser Ziel als Kommunalpolitikerinnen und -politiker sollte sein, eine Politik zu machen, die den Menschen in der Wedemark konkret zugute kommt. Dazu gehört freilich auch, nicht nur das Leben jetzt und heute möglichst komportabel und bequem zu gestalten, sondern auch die Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Wedemark auch für künftige Generationen eine lebenswerte Gemeinde ist.
Das mag nicht immer leicht zu vermitteln sein. Aber ich finde, wir alle sind aufgefordert, unsere Politik noch besser zu erklären, noch genauer hinzuhören und noch mehr den Dialog zu suchen.
Vielleicht genügt es heute nicht mehr, vor Sitzungen kleine Bürgerfragestunden abzuhalten. Mein Eindruck ist, dass manche sich nicht besonders eingeladen fühlen, sondern das Gefühl haben, „die Politik“ bliebe am liebsten unter sich. Und das wird dann in sozialen Medien gerne verstärkt. Vielleicht braucht es häufiger auch andere Formate der Bürgerbeteiligung und des Dialogs.
Das ist bestimmt nicht immer einfach. Aber einfach sind nur die Parolen der Populisten und Faschisten.
Dagegen gilt es zusammenzustehen als demokratische Kräfte. Und immer wieder aufzustehen für die Demokratie, die Menschenrechte, die Menschenwürde und für eine vielfältige Gesellschaft.
Die nächste gute Gelegenheit dafür ist die Demonstration am Sonntag am Rathaus in Mellendorf. Wir sehen uns!“